Das Bundeskartellamt ist seit über 15 Jahren mit Verfahren in der Digitalwirtschaft aktiv. Zu den zahlreichen Verfahren im Digitalbereich zählt beispielsweise das Missbrauchsverfahren gegen Facebook, mit dem die Behörde Facebook untersagt hatte, Nutzerdaten ohne freiwillige Einwilligung aus verschiedenen Quellen zusammenzuführen. Weitere Verfahren wurden u.a. gegen Amazon und gegen Hotelbuchungsportale geführt. Daneben ist die Behörde gegen Beschränkungen des Online-Vertriebs vorgegangen und hat Fusionen verschiedener Internet-Plattformen geprüft, z.B. im Bereich Immobilien- oder Dating-Plattformen.
Im Bereich Verbraucherschutz hat das Bundeskartellamt im Rahmen von Sektoruntersuchungen unter anderem Vergleichsportale, Smart-TVs und Nutzerbewertungen im Internet unter die Lupe genommen. Seit Anfang 2021 hat das Bundeskartellamt auf der Basis seiner neuen Kompetenzen, die es mit der 10. GWB-Novelle erhalten hat, neue Verfahren der erweiterten Missbrauchsaufsicht (§ 19a GWB) gegen Amazon, Apple, Facebook, Google und Microsoft eingeleitet und bereits einige Verbesserungen erreicht.
Neben den Verfahren ist im Bereich der Internetwirtschaft auch die digitale Grundsatzarbeit von großer Bedeutung. In diesem Rahmen befasst sich das Bundeskartellamt mit vielen konzeptionellen Fragen der digitalen Ökonomie.
Vorreiter in Europa mit zahlreichen erfolgreichen Digital-Verfahren
2024
BGH entscheidet erstmals zur marktübergreifenden Bedeutung (§ 19a GWB)
BGH entscheidet erstmals zur marktübergreifenden Bedeutung (§ 19a GWB)
Im April 2024 hat der Bundesgerichtshof (BGH) die erste und damit umso bedeutendere Entscheidung zur Aufsicht über große Digitalkonzerne nach § 19a GWB getroffen. In der Entscheidung wurde Amazons überragende marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb bestätigt.
2023
Bessere Kontrollmöglichkeiten über Daten bei Google
Bessere Kontrollmöglichkeiten über Daten bei Google
Auf ein Verfahren des Bundeskartellamtes hin räumt Alphabet Inc., der Mutterkonzern von Google, Nutzerinnen und Nutzern bessere Wahlmöglichkeiten bei der Verarbeitung ihrer Daten durch Google ein.
Was in den frühen neunziger Jahren mit einem einfachen Werbebanner begann, ist heute allein in Deutschland 10–11 Milliarden Euro wert. Gemeint ist der Umsatz mit Online-Werbung. Es ist nicht zuletzt diese Werbung, die eine Vielzahl von Medienangeboten und Dienstleistungen jenseits der Angebote der großen Digitalkonzerne mitfinanziert. Dabei ist Online-Werbung kein einheitliches Produkt: Man unterscheidet Werbung, bei der Anzeigen bezogen auf Suchbegriffe ausgespielt werden (suchgebundene Online-Werbung) und sonstige Werbeflächen, wie Werbebanner aller Art und Video-Werbung (nicht suchgebunden).
2022
Verbesserungen für Verlage bei Google News Showcase
Verbesserungen für Verlage bei Google News Showcase
Abschluss des Verfahrens auf Basis des § 19a GWB gegen Google/Alphabet im Zusammenhang mit dem Online-Nachrichten-Angebot „Google News Showcase“, nachdem Google eine Reihe wichtiger Anpassungen zum Vorteil der Verlage vorgenommen hat.
In einem Verfahren des Bundeskartellamtes zur Kopplung von Facebook mit VR-Brillen reagiert Meta auf Bedenken des Bundeskartellamtes: Wer die Brille Quest 2 von Meta Quest (früher Oculus) nutzen möchte, benötigt dafür kein Facebook-Konto mehr.
2021
10. GWB-Novelle tritt in Kraft: Unternehmen mit marktübergreifender Bedeutung
Die 10. GWB-Novelle tritt Anfang 2021 in Kraft und erweitert die Missbrauchsaufsicht um den neuen § 19a GWB. In einem zweistufigen Verfahren kann das Bundeskartellamt großen Digitalkonzernen, die eine überragende marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb haben, bestimmte wettbewerbswidrige Praktiken untersagen. Auch Vorschriften im Bereich der klassischen Missbrauchsaufsicht werden stärker auf die Digitalwirtschaft zugeschnitten.
In den Folgejahren werden auf dieser Basis zahlreiche Verfahren eingeleitet, und zwar gegen Google/Alphabet, Meta/Facebook, Amazon, Apple und Microsoft. Bereits Ende 2021 wird die marktübergreifende Bedeutung bei Google/Alphabet rechtskräftig festgestellt. Es folgen Festellungen bei Meta/Facebook, Amazon und Apple (in den Fällen von Amazon und Apple anhängig vor Gericht). Die Prüfung bei Microsoft läuft.
Das Bundeskartellamt gibt eine Fusion bei Online-Dating-Plattformen frei: Parship und Elite Partner dürfen Lovoo übernehmen.
2019
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Aufgrund von kartellrechtlichen Bedenken des Bundeskartellamtes ändert Amazon seine Geschäftsbedingungen für Händler auf den Amazon-Online-Marktplätzen. Dies führt schließlich zu weltweiten Verbesserungen bei Themen wie der Haftung, Sperrungen von Accounts oder dem Gerichtsstand.
Das Bundeskartellamt hat Facebook untersagt, Nutzerdaten ohne eine freiwillige Einwilligung zusammenzuführen. Der Fall hat weltweit Beachtung gefunden. In zahlreichen Verfahren haben sich die Gerichte mit dem Fall befasst. 2023 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass das Bundeskartellamt im Rahmen von kartellrechtlichen Abwägungsentscheidungen auch datenschutzrechtliche Bestimmungen berücksichtigen darf. Unter Beachtung der Ausführungen des EuGHs kann nun das vor dem OLG Düsseldorf anhängige Gerichtsverfahren in Sachen Facebook fortgesetzt werden.
2017
Untersagung des Zusammenschlusses „CTS Eventim und Four Artists“
Untersagung des Zusammenschlusses „CTS Eventim und Four Artists“
Die erste Untersagung in einem reinen „Plattform-Fall“. Betroffen ist die Ticketsystem-Plattform von CTS, die den Vertrieb von Veranstaltungstickets über Vorverkaufsstellen, aber vor allem auch online ermöglicht.
Untersagung der Exklusivvereinbarungen von CTS Eventim
Untersagung der Exklusivvereinbarungen von CTS Eventim
Die Untersagung betrifft die Verwendung von sogenannten Exklusivvereinbarungen, die das Ticketing-Unternehmen mit Veranstaltern aus dem Bereich „Live Entertainment“ sowie mit Vorverkaufsstellen geschlossen hat.
Die 9. GWB-Novelle passt das Wettbewerbsrecht an die digitale Wirtschaft an, etwa mit Blick auf sog. mehrseitige Märkte bzw. Plattformen, Netzwerkeffekte, Zugang zu Daten oder unentgeltliche Dienste. Das Amt erhält zudem Kompetenzen im Verbraucherschutz und kann verbraucherrechtliche Sekturuntersuchungen insb. mit Blick auf Geschäftsmodelle und Dienste durchführen, die den digitalen Alltag der Verbraucherinnen und Verbraucher betreffen. In den Folgejahren werden Untersuchungen u.a. zu Vergleichsportalen, Smart-TVs, Nutzerbewertungen im Internet und Messenger- und Video-Diensten durchgeführt.
2015
Untersagung der „engen“ Bestpreisklausel bei Booking.com
Untersagung der „engen“ Bestpreisklausel bei Booking.com
Zunächst hatte das Amt eine sog. „weite“ Bestpreisklausel bei Booking.com aufgegriffen, wonach Hotels nirgendwo günstigere Preise setzen durften als bei Booking. Nachdem Booking die Klausel modifiziert hatte, untersagte das Amt auch die enge Form der Klausel, durch die die Hotels auf der eigenen Webseite keine günstigeren Preise anbieten durften. Später hat der Bundesgerichtshof in einem Grundsatzurteil die Position des Amtes bestätigt.
Gründung einer internen Projektgruppe, die eng mit der Fallarbeit verzahnt ist, um wettbewerbsrechtliche Konzeptionen zur Internetökonomie und zu Plattformmärkten zu entwickeln. U.a. wird ein Papier zu „Marktmacht und Plattformen“ veröffentlicht.
2012
Verfahren gegen vertikale Beschränkungen des Internetvertriebs
Verfahren gegen vertikale Beschränkungen des Internetvertriebs
Verfahren gegen Markenhersteller wie Sennheiser oder adidas wegen Beschränkungen des Internetvertriebs
Einzelne Verfahren richten sich gegen Vorgaben an Händler, z.B. keine Online-Marktplätze zu nutzen, andere, wie gegen Bosch, LEGO oder GARDENA, gegen Rabattsysteme, die den Onlinehandel erschweren. Im Fall Asics ging das Amt gegen ein pauschales Verbot für Händler vor, Preissuchmaschinen im Vertrieb zu nutzen. Später wurde die Entscheidung vom Bundesgerichtshof bestätigt.
In mehreren Fällen greift das Amt in den Folgejahren sog. Bestpreisklauseln bei Hotelbuchungsportalen wie HRS oder Booking, bei Amazon und Vergleichsportalen auf. Die Klauseln verhindern, dass Händler oder Hotels außerhalb der Plattform günstigere Preise setzen und beschränken damit den Wettbewerb.
Viele digitale Märkte weisen Konzentrationstendenzen auf und sind von wenigen großen Anbietern geprägt. Aus diesem Grund achtet das Bundeskartellamt sehr genau darauf, dass Wettbewerber Chancen und Verbraucherinnen und Verbraucher eine Auswahl haben. Damit können sie von der möglichen Dynamik der Märkte profitieren. Mit der 10. Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) hat das Bundeskartellamt Anfang 2021 neue Eingriffsbefugnisse bei Wettbewerbsgefährdungen durch große Digitalkonzerne erhalten. Auch die klassische Missbrauchsaufsicht wurde modernisiert. Damit kann das Bundeskartellamt das Verhalten großer Internetkonzerne und die Rolle digitaler Geschäftsmodelle noch besser erfassen.
Bereits in den Jahren vor der Modernisierung der Missbrauchsaufsicht war das Bundeskartellamt sehr aktiv im Bereich der Digitalwirtschaft und hat viele richtungsweisende Verfahren geführt. Dazu zählt beispielsweise das Missbrauchsverfahren gegen Facebook, mit dem die Behörde Facebook die Zusammenführung von Nutzerdaten aus verschiedenen Quellen untersagt hatte. Mehr Informationen dazu finden Sie hier.
Weitere Verfahren wurden wegen sogenannter Bestpreisklauseln u.a. schon 2013 gegen Amazon (mehr Informationen finden Sie hier) und im Anschluss gegen Hotelbuchungsportale (mehr Informationen finden Sie hier) geführt. Daneben ist die Behörde gegen Beschränkungen des Online-Vertriebs vorgegangen und hat Fusionen verschiedener Internet-Plattformen geprüft, z.B. im Bereich Immobilien- oder Dating-Plattformen. Auch Kooperationen sowie die Ausgestaltung von digitalen B2B-Plattformen (etwa im Agrarbereich, bei Stahl oder Zement) wurden bereits untersucht.
Auch in der Digitalwirtschaft nutzt das Bundeskartellamt das Instrument der Sektoruntersuchung, um sich ein genaues Bild über die Wettbewerbssituation in einem bestimmten Wirtschaftsbereich zu machen. Sektoruntersuchungen können eingeleitet werden, wenn es Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Wettbewerb in diesen Bereichen eingeschränkt oder verfälscht ist. Mehr Informationen zu Sektoruntersuchungen finden Sie hier.
Neben den Sektoruntersuchungen im klassischen Kartellrecht kann das Bundeskartellamt zudem bei begründetem Verdacht auf gravierende Verstöße gegen verbraucherrechtliche Vorschriften, wie bspw. das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), verbraucherrechtliche Sektoruntersuchungen durchführen. Mehrere Untersuchungen zu Sachverhalten, die den digitalen Alltag der Verbraucherinnen und Verbraucher betreffen, wurden bereits abgeschlossen oder laufen.
Das Bundeskartellamt führt nicht nur Verfahren im Bereich der Internetwirtschaft, auch die Grundsatzarbeit der Behörde ist wichtig, um Antworten auf die vielen neuen rechtlichen und ökonomischen Fragen zu finden. Bereits 2015 wurde ein Think Tank Internet eingerichtet. Seit 2019 arbeitet ein eigenes Referat „Digitale Wirtschaft“ an konzeptionellen Projekten und unterstützt die Beschlussabteilungen bei ihren Verfahren im digitalen Bereich.
Zu den vom Bundeskartellamt gelegten Grundsteinen zählen z.B. das 2016 veröffentlichte Arbeitspapier „Marktmacht von Plattformen und Netzwerken“ und die gemeinsam mit der französischen Autorité de la concurrence erarbeiteten Studien zu „Wettbewerb und Daten“ und zu „Algorithmen und Wettbewerb“. Daneben veröffentlicht das Bundeskartellamt regelmäßig Beiträge in der 2017 initiierten Schriftenreihe „Wettbewerb und Verbraucherschutz in der digitalen Wirtschaft“. Die einzelnen Dokumente finden Sie weiter unten.
Eine besondere Bedeutung kommt in der digitalen Grundsatzarbeit auch dem nationalen und internationalen Austausch mit anderen Akteuren aus Wissenschaft und Praxis zu. Neben der internationalen Zusammenarbeit kooperiert das Bundeskartellamt auch mit anderen Behörden insbesondere an der Schnittstelle zwischen Wettbewerb, Datenschutz und Verbraucherschutz sowie mit Bezug zu Digitalisierungsfragen: so mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und im „Digital Cluster Bonn“ neben BSI und Bundeskartellamt auch mit der Bundesnetzagentur (BNetzA), dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI), der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und dem Bundesamt für Justiz (BfJ). Mehr Informationen dazu finden Sie in folgender Pressemitteilung.
Publikationen zu unserer Arbeit in der Digitalwirtschaft im Überblick
Das Bundeskartellamt hat schon zahlreiche Verfahren im Digitalbereich geführt. Dazu zählt beispielsweise das Missbrauchsverfahren gegen Facebook. Weitere Verfahren wurden u.a. gegen Amazon und gegen Hotelbuchungsportale geführt. Daneben ist die Behörde gegen Beschränkungen des Online-Vertriebs vorgegangen und hat Fusionen verschiedener Internet-Plattformen geprüft.
Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) hält mit der Digitalisierung Schritt. Wichtige Anpassungen, etwa in Bezug auf Plattformen und Netzwerke, wurden 2017 vorgenommen. 2021 wurde die Missbrauchsaufsicht grundlegend erweitert und modernisiert. In Europa gibt es mit dem Digital Markets Act (DMA) eine Regulierung für Dienste sogenannter Torwächter (Gatekeeper).