Bundeskartellamt prüft Anmeldepflicht der Fusion Facebook/Kustomer
23.07.2021
Das Bundeskartellamt hat ein Verfahren gegen Facebook eingeleitet, um zu prüfen, ob die geplante Übernahme des Start-ups Kustomer in den Geltungsbereich der deutschen Fusionskontrolle fällt. Kustomer hat seinen Sitz in New York (USA) und bietet für Unternehmenskunden eine Cloud-basierte Kunden-Management-Plattform an.
Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: „Wir prüfen von Amts wegen, ob bei der geplanten Übernahme von Kustomer durch Facebook die deutsche Fusionskontrolle greift. Sollte sich herausstellen, dass die Fusion bei uns anmeldepflichtig ist, würden wir Facebook dazu auffordern, unverzüglich entsprechende Unterlagen für eine Prüfung einzureichen. Eine effektive Fusionskontrolle ist das schlagkräftigste Instrument, das wir haben, um zu verhindern, dass zu viel Marktmacht in die Hände weniger Unternehmen fällt. Besonders in der Digitalwirtschaft sind viele Märkte bereits heute stark konzentriert. Deshalb ist eine stringente Kontrolle unverzichtbar.“
Das Bundeskartellamt prüft die fusionskontrollrechtliche Anmeldepflicht bei Facebook/Kustomer im Rahmen eines separaten Feststellungsverfahrens. Dazu wurden Auskunftsbeschlüsse an Facebook und an Kustomer versendet. Es soll geklärt werden, ob bei dem Vorhaben die sog. Transaktionswertschwelle der deutschen Fusionskontrolle greift. Die Schwelle hatte der Gesetzgeber mit der 9. GWB-Novelle im Jahr 2017 eingeführt, um eine Lücke im System der Fusionskontrolle zu schließen. Die Transaktionswertschwelle erlaubt die wettbewerbliche Prüfung von Zusammenschlüssen, bei denen zu einem Kaufpreis von mehr als 400 Mio. Euro Unternehmen oder Vermögensgegenstände erworben werden, die jedoch noch geringe oder keine Umsätze erzielen. Der hohe Kaufpreis ist in solchen Übernahmefällen häufig ein Zeichen für innovative Geschäftsideen mit einem hohen wettbewerblichen Marktpotenzial. Im Hinblick auf den Schutz von Innovationspotenzialen und Innovationswettbewerb in Technologiemärkten können sie daher eine präventive fusionskontrollrechtliche Prüfung erfordern. Im Rahmen des jetzt eingeleiteten Verfahrens soll geklärt werden, ob eine Inlandsauswirkung des Vorhabens besteht und ob das Zielunternehmen in erheblichem Umfang in Deutschland tätig ist. Beides sind Kriterien für den Geltungsbereich der deutschen Fusionskontrolle. Sollte sich eine Anmeldepflicht für das Vorhaben in Deutschland herausstellen, darf es nur vollzogen werden, wenn das Bundeskartellamt die Fusion zuvor geprüft und freigegeben hat.
Parallel wird das Fusionsvorhaben Facebook/Kustomer derzeit von der EU-Kommission geprüft, nachdem der Fall von der österreichischen Wettbewerbsbehörde verwiesen worden war. Deutschland hatte sich dem Verweisungsantrag an die EU-Kommission nicht angeschlossen, da nach ständiger Praxis des Bundeskartellamtes eine Verweisung eine Anmeldepflicht nach nationalem Kartellrecht voraussetzt und diese klärungsbedürftig ist.